Abhängigkeit
Definition
Das Wort Sucht hat etymologisch mit dem Wort suchen nichts zu tun, sondern kommt von siechen, also an einer Krankheit leiden. Im offiziellen Sprachgebrauch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) existierte der Begriff “Sucht” von 1957 – 1964. Danach wurde er durch “Missbrauch” und “Abhängigkeit” ersetzt. In wissenschaftlichen Arbeiten wird der Begriff “Sucht” daher nicht mehr verwendet, umgangssprachlich ist seine Verwendung dagegen weiterhin üblich.
Nach der Definition im ICD-10, die von der WHO herausgegebenen wird, spricht man von einer Substanzabhängigkeit, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien über ein Jahr hinweg vorhanden waren:
- Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang zu konsumieren.
- Verminderte Kontrollfähigkeit in Bezug auf den Beginn, die Beendigung oder die Menge des Konsums.
- Ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums.
- Nachweis einer Toleranz, im Sinne von erhöhten Dosen, die erforderlich sind, um die ursprüngliche durch niedrigere Dosen erreichte Wirkung hervorzurufen.
- Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügungen oder Interessen zugunsten des Konsums sowie ein erhöhter Zeitaufwand, um zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen.
- Anhaltender Konsum trotz des Nachweises eindeutig schädlicher Folgen.
Vom Genuss zur Abhängigkeit
Vor einer Abhängigkeit gibt es viele einzelne Schritte und Übergänge:
- Unter Gebrauch wird die sinnvolle Anwendung von Suchtmitteln verstanden, z. B. medizinische Indikationen.
- Als Genuss wird definiert, wenn das Mittel zwar nicht benötigt wird, bei Gebrauch aber als angenehm empfunden wird.
- Der Missbrauch ist gekennzeichnet durch eine schädliche Verwendung quantitativer oder qualitativer Art, z. B. Flatrate-Trinken, Alkohol im Straßenverkehr oder am Arbeitsplatz.
- Als Gewöhnung wird die physische und/oder psychische Bindung an ein Suchtmittel bezeichnet, d. h., man braucht sein Bier oder seine Zigarette zur Beruhigung.
- Aus der Gewöhnung kann dann als fließender Übergang der Schritt in die Abhängigkeit folgen. Der/Die Betroffene bemerkt den Schritt in die Abhängigkeit selbst oft gar nicht so bewusst.
In Forschung und Wissenschaft wird die Entstehung einer Abhängigkeit durch folgende diagnostische Konsummuster beschrieben:
Abstinenz - Risikoarmer Konsum - Riskanter Konsum - Schädlicher Konsum - Abhängigkeit
Stoffgebunde und stoffungebundene Abhängigkeit
Bei der stoffgebundenen Abhängigkeit (Alkohol, Nikotin, Cannabis, ...) gibt es eine abhängig machende Substanz, die auf das Gehirn in einer bestimmten Art und Weise (z. B. beruhigend oder stimulierend) einwirkt.
Bei der stoffungebundenen Abhängigkeit (Spielsucht, Kaufsucht, ...) handelt es sich um Verhaltensweisen, die zwanghaft ausgeführt werden. Es entstehen im Gehirn dabei ähnliche Belohnungseffekte wie bei der Einnahme von Substanzen.
Bei beiden Formen kann eine psychische Abhängigkeit, d. h. ein unabwendbarer Zwang, etwas wider besseren Wissens zu tun, bestehen. Der Entzug kann zu Unwohlsein, Nervosität, Aggressivität und Depression führen. Die psychische Abhängigkeit lässt sich nur sehr schwer überwinden. Oft ist dazu eine langwierige Therapie nötig.
Bei manchen Substanzen gibt es eine physische Abhängigkeit nach dem süchtig machenden Stoff. Wird dieser nicht zugeführt, kommt es zu heftigen körperlichen Entzugserscheinungen wie Schwitzen, Übelkeit und Zittern. Die körperliche Abhängigkeit lässt sich in der Regel in relativ kurzer Zeit überwinden.
In der Wissenschaft steht die Unterscheidung von psychischer und physischer Abhängigkeit seit der Entwicklung von bildgebenden Verfahren nicht mehr im Vordergrund, den beide Arten hinterlassen sichtbare Veränderungen im Gehirn.